WIE DIE KÖNIGSTOCHTER VERLOREN GING – Site Title

WIE DIE KÖNIGSTOCHTER VERLOREN GING

Unterwegs erzählte ich eine Geschichte. Wer sie
zu hören bekam, wurde von Gedanken der Buße
beflügelt. Und dies ist die Geschichte:

Es  war einmal ein König, der sechs Söhne hatte, jedoch nur eine Tochter. Er hatte diese Tochter sehr lieb, sie war ihm wichtig und bereitete ihm viel Vergnügen. Einmal, an einem Tag war er mit ihr zusammen und sie verärgerte ihn. Da entschlüpfte aus seinem Mund unbeabsichtigt: „Der Nicht Gute soll dich wegnehmen“. Bei Nacht ging sie in ihr Zimmer. Am Morgen war sie verschwunden und niemand wusste, wo sie sich befand. Und er (der König) war sehr verstört und lief überallhin, um sie zu suchen, jedoch umsonst.

Da kam der zweitwichtigste Mann des Königreichs, der Vizekönig und er sah, dass der König großen Kummer hatte. So bat er um einen Knecht, ein Pferd und Geld für seine Auslagen und ging sie suchen, bis er sie fand. (Jetzt erzählt er über seine lange Suche und wie er sie fand).

Nachdem er lange Zeit überall ohne Erfolg gesucht hatte, über Wüsten und Felder, sah er plötzlich einen Weg an der Seite. Er dachte lange nach und überlegte: „Da ich schon so lange in der Wüste herumwandere und sie nicht finden kann, werde ich diesem Weg folgen. Ich werde diesen Weg gehen, vielleicht wird er mich zu einer bewohnten Gegend führen“.

Nach langer Zeit gelangte er zu einem Schloss, das von vielen Soldaten umgeben war. Das Schloss war wunderschön und die Soldaten waren in viele Legionen aufgeteilt. Er hatte große Angst vor den Soldaten, die ihn vielleicht nicht in das Schloss lassen würden. Schließlich band er sein Pferd an einen Baum und ging in das Schloss. Man ließ ihn anstandslos passieren.

Er ging von Raum zu Raum, bis er zu einem Thronsaal kam, in dem ein König auf einem Thron saß. Mehrere Truppen standen um ihn herum, viele Musikanten spielten auf Instrumenten für ihn und alles war sehr feierlich und wunderschön.

Weder der König, noch jemand anderer fragte ihn nach seinem Begehr. Und er sah dort Delikatessen und gutes Essen. Also ging er hinüber und aß, danach legte er sich in einen Alkoven (d.h. ein Winkel), um zu beobachten, was nun geschehen würde.

Er sah, wie der König befahl, die Königin zu ihm zu bringen. Also gingen Diener, um sie zu holen. Großer Lärm und große Freude entstanden dort.

 Musikanten spielten und sangen sehr leidenschaftlich, weil die Königin zugegen war. Man brachte noch einen Thronstuhl und setzte die Königin neben den König. Der Vizekönig erkannte sie, sie war die Tochter des Königs.

Da blickte die Königin auf und sah den Vizekönig ihres Vaters in einem Winkel liegen und erkannte ihn. Sie erhob sich von ihrem Thron, ging auf ihn zu, berührte ihn und fragte erstaunt: „Erkennst du mich“? „Jawohl, ich kenne dich“, antwortete er, „Du bist die Königstochter, die verloren gegangen ist“.

Er fragte sie: „Wie kommst du hierher“?

Da antwortete sie: „Weil meinem Vater die Worte entschlüpft sind, der >>Nicht Gute<< soll dich holen und hier, dies ist der Ort, der nicht gut ist“.

Da erzählte er ihr, dass ihr Vater sehr vergrämt sei und dass er sie viele Jahre gesucht habe. „Wie kann ich dich von hier befreien“? fragte er die Königstochter.

Da antwortete sie: „Du kannst mich nicht befreien, es sei denn, du suchst dir einen Ort aus und wirst ein Jahr lang dort sitzen. Und das ganze Jahr lang soll es deine Sehnsucht, dein Bestreben und deine Hoffnung sein, mich von hier hinaus zu führen. Zusätzlich sollst du fasten. Am letzten Tag des Jahres sollst du fasten und nicht schlafen 24 Stunden lang“.

Also ging er und tat, was die Königstochter ihn geheißen hatte. Am letzten Tag fastete er und schlief nicht und machte sich auf den Weg dorthin (zu dem Ort der Königstochter, um sie hinauszuführen). Da sah er einen Baum, auf dem wunderschöne Äpfel wuchsen. Sie waren eine Lust für seine Augen und er ging hin und aß von den Äpfeln. Sobald er von dem Apfel gegessen hatte, übermannte ihn der Schlaf und er schlief sehr lange Zeit. Soviel sein Knecht ihn auch rüttelte und schüttelte, er konnte ihn nicht aufwecken.

Später erwachte er aus seinem tiefen Schlaf und fragte seinen Knecht: „Wo auf der Welt bin ich denn“? Da erzählte ihm der Knecht die ganze Geschichte: „Du hast sehr lange Zeit geschlafen, mehrere Jahre lang. Ich ernährte mich von den Früchten“.

Da wurde er sehr bedrückt und ging zurück zu der Königstochter. Sie klagte und kränkte sich in großer Pein: „Wegen eines Tages hast du die Gelegenheit versäumt, (in anderen Worten, da du dich nicht bezähmen konntest und aßest den Apfel, deswegen hast du es verwirkt). Wärest du nur an jenem Tage gekommen, hättest du mich befreien können. Doch nicht zu essen ist sehr schwer, vor allem am letzten Tag – der böse Trieb ist überwältigend“.

(Die Königstochter versicherte ihm, sie werde nun die Verbote nachsichtiger machen und ihm nicht verbieten zu essen, denn das sei schwer einzuhalten). „Deshalb suche wieder einen Ort auf und dort sollst du wieder ein Jahr lang sitzen.

Am letzten Tag darfst du diesmal essen, nur Wein sollst du nicht trinken, um nicht einzuschlafen. Das Wichtigste ist, <<nicht zu>> schlafen“. Er ging und tat, was sie ihm aufgetragen hatte.

Am letzten Tag ging er dahin und sah eine sprudelnde Quelle, deren Aussehen rot war und den Geruch von Wein hatte. Er fragte den Knecht: „Hast du gesehen? Das ist eine Quelle und Wasser sollte in ihr fließen. Aber das Aussehen des Wassers ist rot und es riecht nach Wein“! Da ging er hin und probierte ein Wenig davon. Sofort fiel er in einen tiefen Schlaf. Er schlief sehr lange – siebzig Jahre lang. 

(Während dieser Zeit) fuhren viele Legionen und Armeen mit allen nachfahrenden Wagen mit allem Zubehör vorbei. Der Knecht versteckte sich voller Angst vor den Legionen. Danach kam eine geschlossene Kutsche, in der die Königstochter saß. Sie hielt neben ihm an, setzte sich neben ihn und erkannte ihn. Sie schüttelte ihn stark, um ihn zu erwecken, er konnte jedoch nicht aufgeweckt werden.

Da fing sie an, ihn zu betrauern: „Nach so vielen Mühen und Anstrengungen, nach so vielen Jahren, in denen du littest und dich abmühtest, doch wegen eines Tages, als du mich erretten konntest, hast du es versäumt und hast alles verloren! Und sie weinte sehr darüber und schrie: „Großes Leid und Erbarmen schwebt über dir und mir. So eine lange Zeit bin ich hier und kann nicht entfliehen“. Danach nahm sie ein Tuch von ihrem Kopf und schrieb darauf mit ihren Tränen und legte es neben ihn. Dann stieg sie in die Kutsche und fuhr davon.

Als er erwachte, fragte er den Knecht, wo in der Welt er denn sei. Da erzählte der Knecht ihm alles, dass sie geweint habe und es sei großes Erbarmen über ihr und ihm. Da sah er das Tuch neben sich und fragte den Knecht, woher es komme. Darauf der Knecht: „Sie hat es hinterlassen und es mit ihren Tränen beschrieben“. Er nahm es und hielt es gegen die Sonne und sah die Buchstaben. Also las er, was dort stand, ihre Klage und ihr Wehgeschrei (wie oben erwähnt). Es stand auch dort, dass sie sich nicht mehr in besagtem Schloss befinde (wie schon vorher beschrieben), nun solle er einen goldenen Berg mit einem Schloss aus Perlen suchen. Dort würde er sie finden.

Er ließ den Knecht zurück und machte sich alleine auf die Suche. Er suchte viele Jahre. Er dachte gut nach und sagte sich: „Im Siedlungsgebiet befindet sich ganz sicher kein goldener Berg und kein Perlenschloss“, denn er kannte sich gut aus auf der Weltkarte, „daher will ich in die Wüste gehen, um zu suchen“. Also wanderte er viele Jahre in Wüsteneien, um sie zu suchen.

Plötzlich sah er einen Menschen, dessen Größe nicht als menschlich betrachtet werden konnte. Er trug einen riesigen Baum und er verstand, dass in keinem besiedelten Gebiet solch ein riesiger Baum existierte. Der Riese fragte ihn: „Wer bist du“? darauf antwortete er: „Ich bin ein Mensch“.

Der Riese wunderte sich und sagte: „Ich bin schon so lange in der Wüste, trotzdem habe ich hier noch nie ein menschliches Wesen gesehen“.

Also erzählte er ihm die ganze Geschichte und dass er einen goldenen Berg mit einem Perlenschloss suche. Der Riese antwortete ihm, das existiere ganz gewiss nicht und sagte zu ihm: „Man hat dir einen Unsinn eingeredet, denn das gibt es ganz bestimmt nicht“. Der Vizekönig fing sehr an zu weinen und sagte: „Es muss doch möglich sein, das irgendwo zu finden“!

Der Wilde Mensch wollte ihn davon abbringen und antwortete ihm: „Man hat dir dumme Geschichten erzählt“. Doch der Vizekönig bestand darauf, es sei gewiss irgendwo vorhanden.

Da sagte der Riese zu dem Vizekönig: „Meiner Meinung nach ist das alles töricht, da du aber darauf bestehst; Ich bin nämlich der Befugte über alle Tiere. Ich werde dir den Gefallen machen und alle Tiere einberufen. Sie laufen auf der ganzen Welt herum – vielleicht wird eines von ihnen Bescheid wissen über einen goldenen Berg mit einem Perlenschloss“.

Er berief alle Tiere ein, von klein bis groß und fragte sie nach dem Berg mit einem Perlenschloss. Sie alle sagten, sie hätten so etwas noch nie gesehen. „Siehst du, man hat dir unsinnige Geschichten erzählt. Wenn du auf mich hören willst, kehre um, denn du wirst es ganz sicher nicht finden, weil das auf der ganzen Welt nicht existiert“!

Der Vizekönig bestand hartnäckig darauf und sagte: „Es muss sicherlich zu finden sein“!

Da sagte er (der Riese zu dem Vizekönig): „Siehe, ich habe einen Bruder in der Wüste, der ist ein Befugter über alle Vögel. Vielleicht wissen die es, da sie so hoch in der Luft fliegen. Vielleicht haben sie den Berg und das Schloss gesehen. Geh hin zu ihm und sage ihm, ich hätte dich zu ihm geschickt.

Er ging mehrere Jahre lang, um den Bruder des Riesen zu suchen und fand wieder einen sehr großen Mann, wie schon früher. Auch er trug einen großen Baum und fragte ihn so aus, wie der andere Riese. Da erzählte er auch ihm die ganze Geschichte und dass sein Bruder ihn geschickt habe. Auch er (der Bruder) entmutigte ihn und meinte, das könne gewiss nicht gefunden werden.

Der Vizekönig flehte ebenfalls inständig und meinte, das müsse es doch geben. Da sagte der Riese zu ihm: „Ich bin verantwortlich für alle Vögel, ich werde sie einberufen, vielleicht wissen sie es“.

Also berief er alle Vögel ein und fragte alle, von groß bis klein. Sie sagten alle, sie wüssten nichts von dem Berg mit dem Schloss.

Da sagte der Riese zu ihm: „Siehst du, das gibt es sicherlich nicht auf der Welt. Wenn du auf mich hören willst, kehre um, denn es ist bestimmt nicht da“. Und er (der Vizekönig) bestand darauf, das müsse es geben. Sagte er (der zweite Riese zu dem Vizekönig): „Weiter in der Wüste befindet sich mein Bruder, er herrscht über alle Winde. Sie blasen um die ganze Welt, vielleicht wissen sie etwas darüber“.

Wieder suchte er mehrere Jahre lang und fand wieder einen großen Menschen, der ebenfalls einen Baum trug. Auch der fragte ihn aus wie die Vorhergehenden und er erzählte ihm ebenfalls die ganze Geschichte, wie schon in den vorhergehenden Fällen. Dieser Mann entmutigte ihn ebenfalls und der Vizekönig flehte sehr, da sagte ihm dieser dritte Riese, er werde ihm den Gefallen tun und seinetwegen alle Winde einberufen und sie befragen.

Er rief sie und alle Winde kamen und keiner von ihnen wusste von dem Berg und dem Schloss. Da sagte ihm der dritte Riese: „Siehst du, dass man dir törichte Geschichten eingeredet hat“! Da begann der Vizekönig sehr bitterlich zu weinen und behauptete: „Ich weiß es bestimmt, dass es existiert“!

Gerade dann sah er, dass noch ein Wind ankam. Der Herrscher der Winde ärgerte sich über ihn: „Weshalb bist du so spät gekommen, ich habe allen Winden befohlen zu kommen, warum bist du nicht mit denen gekommen“? Da antwortete der Wind: „Ich habe mich verspätet, da ich noch eine Königstochter zu einem goldenen Berg mit einem Schloss aus Perlen bringen musste“. Er freute sich sehr (der Vizekönig, dass er erleben durfte, das zu hören, was er zu hören wünschte).

Da fragte der Herr der Winde den Wind: „Was ist dort teuer“? (Das heißt, was ist dort wertvoll und von Wichtigkeit). Der Wind antwortete: „Dort ist alles wertvoll!“.

Der Herrscher über die Winde sprach: „Da du sie schon seit so langer Zeit suchst und so viel Mühsal zu ertragen hattest, vielleicht wirst du jetzt Schwierigkeiten haben wegen des Geldes. Daher will ich dir ein besonderes Geldgefäß geben. Wann immer du deine Hand hineinstecken wirst, wirst du von dort Geld herausnehmen können“.

Danach hieß er den Wind, ihn dorthin zu bringen. Also kam der Sturmwind und trug ihn zu einem Tor. Davor standen Legionen von Soldaten und ließen ihn nicht in die Stadt. Da griff er in das Gefäß, nahm Geld heraus und bestach die Wachen. Es war eine schöne Stadt und er ging hinein und fand einen reichen Mann, bei dem er Kost und Logis erhalten konnte. Denn er würde längere Zeit dortbleiben müssen, da man Weisheit und Verstand einsetzen musste, um die Königstochter aus dem Schloss zu befreien.

(Wie er sie befreite, erzählte er nicht) Aber schlussendlich befreite er sie. Amen Selah.


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